ChatGPT am Arbeitsplatz: Studien zu den Auswirkungen auf Arbeitsweise, Joblandschaft und Freelancer

01.03.2024 | Christian Kreutz
Ein Bürogebäude nur mit Computern.
Bild bei ChatGPT-4

ChatGPT ist seit einem Jahr ein integraler Bestandteil im Arbeitsalltag vieler Menschen geworden. Die umfangreiche Berichterstattung und die zahlreichen Erfahrungsberichte unterstreichen trotz teilweise fehlerhafter Inhalte eindrucksvoll die Bedeutung dieser Assistenzsysteme. Erste Studien zeigen Produktivitätssteigerungen durch den Einsatz von ChatGPT, da diese Systeme bei einer Vielzahl von Aufgaben unterstützen können, die Auswirkungen auf bestimmte Jobrollen können jedoch gravierend sein.

Eine aufschlussreiche Studie zu den Motivationen von Wissensarbeitern, ChatGPT zu nutzen, ist "Why do people use ChatGPT? Exploring user motivations for generative conversational AI" aus dem Dezember 20231. Diese Studie zeigt, wie die generative konversationelle KI eine Vielzahl von Nutzerbedürfnissen erfüllt, indem sie die Grenzen traditioneller Konversationstechnologien überwindet - beispielsweise durch die Auslagerung kognitiver oder kreativer Aufgaben an die Technologie. Ein Großteil der Befragten gab an, dass Produktivitätssteigerungen der Hauptgrund für die Nutzung von ChatGPT sind. Die Motivation, ChatGPT zu nutzen, um die Produktivität auf verschiedene Weise zu steigern, wie z.B. durch das schnelle und einfache Auffinden von Informationen, das Generieren von Texten oder die Unterstützung beim Schreiben, oder in der Softwareentwicklung zum Generieren von Code oder zum Identifizieren von Problemen im Code, war deutlich zu erkennen. Wenngleich in geringerem Maße, so wird ChatGPT auch für kreatives Arbeiten oder Lernen genutzt, insbesondere wegen seiner Fähigkeit, komplexe Konzepte zu vereinfachen und schwierige Themen auf leicht verständliche Weise zu erklären.

Das MIT hebt in einer Studie die Arbeitserleichterungen bei typischen Aufgaben wie der Zusammenfassung von Inhalten und dem Schreiben von Texten hervor, die zu Zeitersparnissen von bis zu 35% führen können2. Eine weitere Studie der Harvard Business School, in Zusammenarbeit mit Professor Ethan Mollick, der ein interessantes Blog zu diesem Thema führt, zeigt, dass Berater, die KI nutzen, im Durchschnitt 12,2% mehr Aufgaben erledigen, Aufgaben 25,1% schneller abschließen und 40% höhere Qualitätsergebnisse erzielen als diejenigen ohne3.

Die Meinungen zur Qualität der von ChatGPT gelieferten Inhalte variieren allerdings stark und hängen vom jeweiligen Kontext ab. Es wurde festgestellt, dass ChatGPT bei kreativen Aufgaben besser abschneidet als bei analytischen. Dies hängt zumeist vom jeweiligen Wissensgebiet ab und inwiefern das Sprachmodell über relevante Informationen verfügt. Daher werden unternehmensinterne Sprachmodelle der nächste Schritt zur Erzielung besserer Ergebnisse sein.

Ein weiteres Einsatzgebiet, in dem große Sprachmodelle ihre Stärke beweisen, ist die Programmierung. Ich persönlich nutze diese Unterstützung bei der Programmierung seit einem Jahr, und die Ergebnisse sind beeindruckend. Dr. Matt Welsh bietet dazu einen provokativen und spannenden Vortrag an: "Sprachmodelle und das Ende der Programmierung - Large Language Models and The End of Programming", in dem er argumentiert, dass KI langfristig den Großteil der von Menschen durchgeführten Programmierarbeit übernehmen wird.

Die Produktivitätsgewinne führen jedoch nicht zwangsläufig zu mehr Zeit für andere Aufgaben oder mehr Freizeit, sondern können auch den Druck erhöhen, mehr Output zu liefern oder die jeweiligen Arbeitsrollen komplett zu ersetzen. Zu diesem Zweck habe ich eine Liste von Ankündigungen und Umsetzungen zu den Beschäftigungseffekten von Unternehmen zusammengestellt, die in jüngster Zeit Arbeitsplätze durch KI ersetzt haben.

Studien zu den Effekten für Freelancer von generativer KI

In einem meiner Blogposts habe ich beschrieben, wie LLMs insbesondere für Freelancer weltweit eine starke Wirkung haben, da viele der von ihnen auf Plattformen wie Upwork oder Fiverr angebotenen Dienstleistungen zunehmend von KI übernommen werden können. Dazu gehören Dienstleistungen wie Copywriting, Korrekturlesen, Übersetzung, Design und Illustration, aber auch Voice-Over und Programmierarbeit oder Datenanalyse.

Zwei Studien zeigen, wie direkt nach der Einführung von ChatGPT, aber auch von Bildgenerierungs-KIs wie Midjourney oder Dall-E 2, die Angebote für Freelancer auf relevanten Plattformen zurückgingen. In der Studie "Who is AI Replacing? The Impact of Generative AI on Online Freelancing Platforms" wurden Daten einer großen globalen Online-Freelancing-Plattform analysiert.4 Die Studie zeigt einen Rückgang der Nachfrage nach automatisierbaren Jobs um 21% im Vergleich zu manuellen Jobs nach der Einführung von ChatGPT. Auch bei Arbeiten im Bereich Grafik und Design kam es zu einem Rückgang von 17%, nachdem Bildgenerierungs-KIs eingeführt wurden.

Auffallend ist die Schnelligkeit, mit der die Unternehmen als Auftraggeber für Jobs auf diesen Plattformen reagiert haben. Die rote Linie in der Grafik zeigt die Schwelle für die Einführung von KI-Tools.

Die Änderungen bei der Anzahl von Job-Angeboten

Die Studie "The Short-Term Effects of Generative Artificial Intelligence on Employment: Evidence from an Online Labor Market" registrierte ebenfalls einen Rückgang, allerdings in einem geringeren Ausmaß.5 Die Aufträge gingen um 2% zurück, und die monatlichen Einnahmen sanken um 5,2%. Die Forscher beobachteten durchgängig negative Auswirkungen seit der Einführung der generativen KI auf die Angebote von Freelancern, sowohl in Bezug auf die Anzahl der Jobs als auch auf die Gesamtvergütung. Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis der Studie ist, dass insbesondere die "Top"-Freelancer stärker von den Veränderungen betroffen sind. Es scheint selbst höhere Qualifikationen bieten keinen Schutz vor der Ablösung durch KI-Technologien. Allerdings liefern die Autoren der Studie keine Erklärungen für die zugrundeliegenden Ursachen.

Angesichts dieser Entwicklungen überrascht es kaum, dass der CEO der Freelancer-Plattform Fiverr Anfang 2023 einen Blog Post verfasste, in dem er sich eine Koexistenz zwischen menschlichen Talenten und KI wünscht. Doch die Rückgänge von Aufträgen auch auf Fiverr sprechen eine andere Sprache.

Footnotes

  1. Marita Skjuve, Petter Bae Brandtzaeg und Asbjørn Følstad, "Why do people use ChatGPT? Exploring user motivations for generative conversational AI," 2023, Link.
  2. Shakked Noy and Whitney Zhang, "Experimental Evidence on the Productivity Effects of Generative Artificial Intelligence" 2023, Link.
  3. Fabrizio Dell'Acqua, Edward McFowland, Ethan R. Mollick, Hila Lifshitz-Assaf, Katherine Kellogg, Saran Rajendran, Lisa Krayer, François Candelon und Karim R. Lakhani, "Navigating the Jagged Technological Frontier: Field Experimental Evidence of the Effects of AI on Knowledge Worker Productivity and Quality" 2023, Link.
  4. Ozge Demirci, Jonas Hannane und Xinrong Zhu, "Wer wird durch KI ersetzt? Die Auswirkungen generativer KI auf Online-Freelancer-Plattformen," 2023, Link.
  5. Xiang Hui, Oren Reshef, John M. Olin und Luofeng Zhou, "Die kurzfristigen Auswirkungen generativer künstlicher Intelligenz auf die Beschäftigung: Beweise aus einem Online-Arbeitsmarkt," 2023, Link.